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Michael Zager kümmert sich seit mehreren Jahren um das Gebäude an der Alster. Foto: Julia Haas
Michael Zager kümmert sich seit mehreren Jahren um das Gebäude an der Alster. Foto: Julia Haas
Rundgang

Mehr als ein Hausmeister: Er kennt das „kleine Weiße Haus“ wie kein anderer

Er trägt nicht nur die Schlüssel bei sich, sondern kennt das Gebäude auch in- und auswendig: Michael Zager ist der Hausmeister des „kleinen Weißen Hauses“. Wir haben ihn besucht.

Von Julia Haas

Jahrelang ist er im US-Konsulat am Alsterufer ein und aus gegangen. Mit Jason Chue, dem US-Generalkonsul ist er per Du, seine Nummer hat er im Handy gespeichert. Als das US-Konsulat auszog, hat er die Schlüssel behalten. Denn kaum jemand kennt das Gebäude so gut wie er – Michael Zager ist der Hausmeister des „kleinen Weißes Hauses” an der Alster. Er weiß, von wem die Gemälde im Eingangsbereich stammen und wohin die Türen führen. Wer das Gebäude gebaut hat und wie die Heizungsanlage funktioniert. 

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Inzwischen gehört das Haus der Münchner Unternehmensgruppe Derag. Die neuen Eigentümer planen, die Alstervilla in ein Luxushotel umzubauen. Zager ist geblieben, um auch dieses Kapitel in der Geschichte des Gebäudes zu begleiten. Er ist 61 Jahre alt – an die Rente will er noch nicht denken. 

Im Vor-Ort-Gespräch mit den Eimsbütteler Nachrichten hat Zager erzählt, wie es war, im Konsulat zu arbeiten, was das Gebäude für ihn bedeutet – und warum er die Schlüssel noch lange nicht abgeben möchte.

Zager: „Liebe auf den ersten Blick“

Etwas aufgeregt sei er, sagt Zager und lacht, als er die Tür des Wachhäuschens öffnet und zur Eingangstür des markanten Gebäudes führt. Über das Haus zu sprechen – kein Problem. Aber dass es jetzt auch um ihn gehe. Er grinst.

Seit dem 17. August 2018 arbeitet Zager als Hausmeister in der Alstervilla. Er erinnert sich genau an das Datum. Es markiert den Beginn einer etwas anderen Liebesgeschichte. Wenn er heute davon erzählt, wie er das Gebäude zum ersten Mal betrat, spricht er von „Liebe auf den ersten Blick”. „Es gibt hier eine besondere Aura”, sagt er. Trotz all der Zeit hat er dieses Gefühl nicht verloren und freut sich, wenn neue Besucher es erfahren. 

Sein Weg zum Konsulat

Zager kommt aus dem Sauerland aus einer Hotelier-Familie. Er selbst wollte nie in den Betrieb einsteigen. „Wenn ich von der Schule nach Hause kam, habe ich nur die vielen dreckigen Töpfe gesehen.” Das habe ihn abgeschreckt. Stattdessen lernte er Fleischer. Später zog es ihn nach Osnabrück, dann nach Hamburg. Über einen Nachbarn kam er zum Hausmeisterberuf. 

Als sich die Firma, bei der er damals angestellt war, um das Facility Management im US-Konsulat bemühte, waren Zager und seine Kollegen skeptisch. „Wir haben uns alle angeguckt und gesagt, das wird nie was.” Doch die Firma bekam den Auftrag, und Zager den Job. Die Vorbereitungen für seinen ersten Arbeitstag zogen sich über ein halbes Jahr – Sicherheitsvorkehrungen. “Ich musste fünf Nachbarn angeben”, erinnert er sich. Das Konsulat habe sie daraufhin um eine Beurteilung gebeten. Am Ende überzeugte Zager. 

Nach Verkauf von Alstervilla: „Ich würde gerne bleiben“

„Das war der ‘Ballroom’”, sagt Zager, als er in den früheren Ballsaal des US-Konsulats führt. Ein Kronleuchter erhellt den Raum, der sich auf Marmorsäulen stützt. Goldene Elemente zieren die Deckenverkleidung, rote Samtvorhänge die Fenster. Wenn das US-Konsulat Feierlichkeiten ausrichtete, dann hier. 

Das US-Konsulat lud bei Feierlichkeiten in den Ballsaal ein. Foto: Julia Haas

Im Treppenhaus zeichnen sich die ersten Bauarbeiten bereits ab. Foto: Julia Haas

Zager war dabei, wenn das traditionelle „Christmas Lighting” stattfand oder Politiker zu Besuch kamen. Einmal fuhr er mit dem Konsul zu einem Footballspiel der „Sea Devils”. „Der Hausmeister durfte auf eine offizielle Fahrt mit”, erinnert er sich und schmunzelt. Es sei eine Wertschätzung gewesen, die er bei keinem Arbeitgeber zuvor erfahren habe. 

Als feststand, dass das US-Konsulat in die HafenCity zieht, seien alle geschockt gewesen. Niemand wollte das Gebäude verlassen, auch Zager nicht. Zur Immobilienfirma, die sich um den Verkauf des Gebäudes kümmerte, sagt er: „Wenn ihr einen Nachfolger habt, sagt ihm: Ich würde gerne bleiben.” 

Aktueller Stand: Historische Bausubstanz wird geprüft

Als die Schreibtische und Aktenschränke ausgezogen waren, kümmerte sich Zager um das leerstehende Gebäude. Durchwischen, Rosen schneiden, Wasser laufen lassen, Rasen mähen, die Heizung instand halten.

Als er eines Abends auf der Bowlingbahn war, kam der Anruf: Das Konsulat ist offiziell verkauft. Kurze Zeit später klingelte sein Telefon wieder. Diesmal war Lars Dünker, Vorstand der Derag Unternehmensgruppe, dran. „Wir haben das Weiße Haus gekauft – und Sie quasi mit dazu, natürlich nur, wenn sie wollen”, erinnert sich Zager an die Worte – und an seine Freude darüber.

Heute kümmert er sich weiter um die Instandhaltung des Gebäudes und koordiniert für seinen Arbeitgeber unter anderem Termine wie zum Beispiel Begehungen und erste Bauarbeiten-Termine. Aktuell finden denkmalkonforme Bestandsuntersuchungen statt. Es gehe darum, in Abstimmung mit dem Denkmalamt die historische Bausubstanz zu prüfen, um weitere Schritte planen zu können, heißt es von der Derag-Gruppe. 

Im Nationalsozialismus Gauzentrale

Zager kennt die bewegte Geschichte des Hauses. Die Villa am Alsterufer wurde Ende des 18. Jahrhunderts vom Hamburger Architekten Martin Haller erbaut – er wirkte auch am Bau des Hamburger Rathauses mit. „Wer Haller kennt, erkennt seinen Stil hier wieder”, sagt Zager. Vor allem die Säule und Bögen im Gebäude seien charakteristisch für ihn. 

Ab 1934 übernahmen Nationalsozialisten das Gebäude und nutzten es als Gauzentrale. „Von hier aus haben die Nazis Hamburg mit ihrer Propaganda beschallt”, sagt Zager.

In den Jahren, in denen er hier arbeitet, hat er sich über die Vergangenheit des Hauses informiert. Er habe Fragen gestellt – und Antworten bekommen. Auch das gehört für ihn zur Wertschätzung für das Gebäude – sich nicht nur mit dem Jetzt zu beschäftigen. 

Traditionen des US-Konsulats aufrechterhalten

Er freut sich, dass die neuen Eigentümer dieselbe Einstellung teilen. Max Schlereth, Eigentümer der Derag Livinghotels AG & Co.KG, will die Geschichte des Hauses umfassend aufarbeiten. Mit im Fokus steht hierbei ein Kellerraum der Alstervilla, der im Nationalsozialismus vermutlich ein Verhörzimmer gewesen sein soll. Bis das geschehen ist, bleibt der Raum unter Ausschluss der Öffentlichkeit. 

„Man merkt, dass Herr Schlereth das Gebäude mag”, sagt Zager. Wahrscheinlich auch deswegen schwärmt er über die Beziehung zu den neuen Eigentümern – wenngleich er irgendwie auch noch zur Familie des US-Konsulats gehört. Mit dem Konsul und den Mitarbeitern ist er weiter in Kontakt.

Wie geht es weiter?

Eine wichtige Tradition des Konsulats soll auch im Hotel fortgeführt werden: die traditionelle „Christmas Tree Lighting Ceremony”. Dabei wird ein großer Tannenbaum auf dem Säulenvorbau des Hauses aufgestellt, mit bunten Lichtern geschmückt und feierlich erleuchtet. Im Dezember fand die Veranstaltung erstmals unter Leitung der Derag-Gruppe statt. Zager kümmerte sich unter anderem um den Weihnachtsbaum. 

Bei der Derag-Gruppe wird Michael Zager liebevoll auch als Schatzmeister bezeichnet. Foto: Julia Haas
Bei der Derag-Gruppe wird Michael Zager liebevoll auch als Schatzmeister bezeichnet. Foto: Julia Haas

Was Zager am Gebäude besonders mag? Er überlegt. Eigentlich alles. Am Ende des Rundgangs wieder draußen vor der Eingangstür verharrt sein Blick auf der Alster. Es ist eine Aussicht, die auch den Sperrbildschirm seines Handys ziert. Da weht noch die amerikanische Flagge am Himmel. „Das Bild tausche ich irgendwann aus spätestens dann, wenn wir hier zum ersten Mal als Hotel Gäste begrüßen.“


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