Rätsel um Wandgemälde in der Bogenallee: Wer kennt diesen Bleistift?
Ein gelbschwarzer Bleistift und der Schriftzug „Bratwurst“ – das ist nach dem Abriss des Nachbarhauses plötzlich an der Wand eines Gebäudes nahe der Bogenstraße zu sehen. Wer ist der Künstler?
Von Christiane TauerBenjamin Stewner traute seinen Augen nicht, als er vor einigen Tagen auf die Straße trat, um zum Schwimmen zu gehen. Auf einmal war an der Wand des Hauses in der Bogenallee 10/12, in dem er wohnt, ein riesiges Kunstwerk zu sehen. Doch wer hatte es gemalt?
Gelbschwarzer Bleistift und Schriftzug „Bratwurst“
Durch den Abriss des Nachbarhauses, dessen Wand direkt an die Hausnummer 10/12 angrenzte, war das Gemälde freigelegt worden. Es nimmt fast die gesamte obere Hälfte der Hauswand ein und zeigt einen gelbschwarzen Bleistift auf blauem Hintergrund, daneben den fein geschriebenen Schriftzug „Bratwurst“.
Stewner und seine Nachbarn in der Bogenallee, einer kleinen Seitenstraße der Bogenstraße in Harvestehude, rätseln nun über den Ursprung des Bildes.
Landschaften geometrisch dargestellt
„Es erinnert an die Werke der ‚Neuen Landschaft'“, sagt Stewner, der als Geschäftsführer des Home of colors im Grindel arbeitet, gegenüber den Eimsbütteler Nachrichten. Diese Kunstrichtung wurde Mitte der 1960er Jahre von Jens Lausen, Werner Nöfer und Jürgen Kleinhammes in Hamburg gegründet.
Die Künstler schufen damals Industrie- und Stadtlandschaften, die sie unter anderem mithilfe von geometrischen Formen darstellten. Einige Werke sind beispielsweise in der Hamburger Kunsthalle zu sehen.
Werner Nöfer gestaltete auch „Abaton“-Kino
Speziell Nöfer gilt durch seine Wandgemälde als einer der ersten Vertreter der Streetart. So entwarf er 1968 gemeinsam mit Dieter Glasmacher das mittlerweile unter Denkmalschutz stehende Gemälde am Musikclub Gruenspan auf St. Pauli. Auch die Wandmalerei im Eingangsbereich des Abaton-Kinos am Allende-Platz stammt von ihm.
Für das wiederaufgetauchte Wandbild in der Bogenallee seien Nöfer und Glasmacher aber nicht verantwortlich, erklärt Benjamin Stewner. Das hätte seine Recherche bei einem Verlag ergeben, der ein Buch über den Künstler herausgebracht hat und mit Nöfer noch in Kontakt steht. Jens Lausen solle es zumindest laut Aussage einer Galeristin ebenfalls nicht gewesen sein, ergänzt er.
Bildarchiv in der Bogenallee 10
Dabei hätte es von der Zeit her gut gepasst. Nach Informationen von Stewner stamme das ursprünglich als Bürogebäude geplante Haus Bogenallee 10/12 aus den 60er Jahren – andere Quellen sprechen von den 70er Jahren. Ob damals die Freigabe für das Wandgemälde erteilt wurde?
Auch soll sich laut einem Artikel auf der Internetseite des Film- und Fernsehmuseums Hamburg unter anderem ein Bildarchiv der Zeitschrift Cinema, die erst im Kino Verlag und dann in dessen Nachfolger Milchstraßen Verlag erschien, in der Bogenallee 10 befunden haben.
Wandgemälde auf der oberen Hälfte der Wand
Das jetzt abgerissene Nachbarhaus sei älter gewesen, vermutlich aus den 50er Jahren – zumindest die unteren Etagen, so Stewner. Später sei irgendwann eine Aufstockung hinzugekommen.
So ließe sich erklären, dass das Gemälde nur auf der oberen Hälfte der Wand zu sehen ist: Es müsste dann in der Zeit vor der Aufstockung geschaffen worden sein, vermutet er.
Beim Umbau blieb Kunstwerk unentdeckt
Stewner selbst wohnt seit 2007 in der Bogenallee und war die ganze Zeit über wie alle andere Bewohner seines Hauses ahnungslos, welches Kunstwerk sich jahrelang hinter dem Mauerwerk versteckte.
„Selbst beim Umbau des Bürogebäudes in unser Wohnhaus hat niemand etwas bemerkt“, sagt er. Der Grund: Das Team der Blauraum-Architekten ging nachhaltig vor, ließ die Außenmauern nicht abreißen und baute im Bestand. Für das Projekt aus dem Jahr 2004 habe es später einige Architekturpreise gegeben. Allerdings hatte es auch zur Folge, dass niemand auf das Wandgemälde stieß.
Was passiert, wenn der Neubau kommt?
Jetzt hätte Stewner gerne Klarheit über den Schöpfer des Werks – „bevor das Nachbarhaus neu gebaut wird und wieder alles verdeckt“. Der zuständige Projektentwickler Köhler & von Bargen macht allerdings wenig Hoffnung, dass er auf den Fund Rücksicht nehmen wird.
Auf Nachfrage erklärt ein Sprecher des Unternehmens: „Zum Ursprung des Wandbilds liegen dem Projektteam keine Erkenntnisse vor, da es das Nachbargebäude im Eigentum Dritter betrifft.“ Die erteilte Baugenehmigung und der anstehende Wohnungsbau blieben davon unberührt.
Auf dem Grundstück Bogenallee 8 sollen auf insgesamt vier Geschossen acht neue Wohnungen und sechs Apartments entstehen.
Wer Hinweise zur Herkunft des Wandgemäldes geben kann, kann sich gerne per E-Mail an redaktion@eimsbuetteler-nachrichten.de wenden.
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