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Till Steffen ist der Direktkandidat der Grünen im Wahlkreis Eimsbüttel. Foto: Frieda Stadtlander
Till Steffen ist der Direktkandidat der Grünen im Wahlkreis Eimsbüttel. Foto: Frieda Stadtlander
Bundestagswahl 2025

Till Steffen (Die Grünen): „Ganz wichtig ist der Kampf für die Demokratie – an allen Fronten“

Till Steffen von den Grünen gewann bei der letzten Bundestagswahl das Direktmandat für Eimsbüttel. Was hat sich seither verändert? Und wofür tritt er nun an?

Von Julia Haas

Till Steffen weiß, wie Wahlkampf läuft. Bei der letzten Bundestagswahl gewann der Grünen-Politiker das Direktmandat im Wahlkreis Eimsbüttel. Seitdem hat sich viel verändert – vor allem rechtsextreme Kräfte haben an Zuspruch gewonnen. Steffen setzte sich deswegen unter anderem für ein Parteiverbot der AfD ein.

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Im Interview spricht er über die letzten drei Jahre und welche Anliegen er nun verfolgt.

Till Steffen: „Aufkeimen des Rechtsextremismus ist ein Riesenthema“

Eimsbütteler Nachrichten: Was ist an diesem Wahlkampf anders als 2021? 

Till Steffen: Ich glaube, es ist alles anders. Es gab viele Veränderungen – der Angriffskrieg auf die Ukraine, Corona, Umwälzungen in der Geopolitik, Trump. 

Die Grünen haben ihre Position bei der Frage, wie wir mit diesen Konflikten umgehen, sehr geschärft. 

Welche konkreten Themen begegnen Ihnen in Eimsbüttel?

Das Aufkeimen des Rechtsextremismus ist ein Riesenthema. Und natürlich die Fragen, die das alltägliche Leben betreffen: Wie können wir die Lebenshaltungskosten im Rahmen halten? Wie steht es um bezahlbare Energie und um einen bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr? Darüber hinaus sind die Themen sehr verschieden. 

Was Steffen zur AfD sagt

Die Abstimmung der CDU im Bundestag mit der AfD hat viele bewegt. Sie sitzen im Bundestag, wie haben Sie das erlebt?

Ich empfand es als Niederlage. Noch im Dezember hatten wir es geschafft, fraktionsübergreifend das Grundgesetz zu ändern, um das Bundesverfassungsgericht abzusichern – für den Fall, dass extremistische Kräfte in Zukunft mehr zu sagen haben. 

Da gab es eine ganz klare Haltung: Demokraten stehen in bestimmten Fragen zusammen. Ich hatte es so empfunden, dass auch die CDU keine Mehrheit mit der AfD suchen will. Ich hätte mir gewünscht, dass die CDU auf diesem Kurs bleibt.

Sie setzen sich stark für ein AfD-Verbotsverfahren ein: Warum? Und wie weit sind Sie bisher gekommen? 

Ich habe mir die AfD lange angeschaut – und in welche Richtung sie geht. Die AfD hat sich für einen Kurs der Radikalisierung entschieden. Deswegen war der Zeitpunkt gekommen, dieses Verbotsverfahren in Gang zu bringen.

Über ein Verbot der AfD kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber man muss darüber reden können – das fördert die Entscheidungsfindung. Deswegen bin ich diesen Schritt gegangen, auch gegen das Zögern von Teilen meiner eigenen Fraktion. Ich habe mich dafür auch mit Abgeordneten von anderen Fraktionen zusammengetan, um einen solchen Antrag zu unterstützen.

Aktuell mussten wir feststellen, dass wir keine Mehrheit zu dem Thema haben. In der nächsten Wahlperiode müssen wir dranbleiben. 

Mehr Schwimmkapazitäten fördern

Es gab noch viele andere Themen, die Sie begleitet haben. Bornplatzsynagoge, Sanierung des MARKK, die Reform des Wahlrechts, damit der Bundestag nicht immer größer wird. Was sind die großen Themen, die Sie in der nächsten Legislaturperiode angehen wollen?

Neben dem AfD-Verbot habe ich mich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie wir es schaffen, die Justiz zu digitalisieren. Damit geht die Frage einher, wie wir einen effizienten und leistungsfähigen Staat hinbekommen. Die Leute müssen wahrnehmen können, dass der Staat für sie da ist und nicht, um sich an irgendwelchen formalen Hürden abzuarbeiten. 

Ganz wichtig ist der Kampf für die Demokratie – an allen Fronten. 

Gibt es konkrete Projekte für Eimsbüttel?

Die Bornplatzsynagoge ist immer noch ein Thema, auch die Sanierung des Museums am Rotherbaum. 

Was ich mir vorgenommen habe, ist zu schauen, ob wir die Sportförderung nutzen können, um zusätzliche Schwimmkapazitäten zu schaffen. Wir haben zu wenige Möglichkeiten, dass Kinder schwimmen lernen.

Steffen: Deutschlands bisheriges Wirtschaftsmodell funktioniert nicht mehr

Sie haben mit Anna Gallina zehn Forderungen für ein soziales Mietrecht formuliert. Was muss sich in diesem Bereich dringend ändern? 

Wenn wir günstigen Wohnraum haben wollen, müssen wir günstigen Wohnraum bauen. Da ist Hamburg schon sehr intensiv dabei. Das reicht aber nicht. Wenn wir das Mietrecht nicht wirksamer ausgestalten, wird es zu immer stärkeren Verdrängungseffekten kommen. Eigenbedarfskündigungen müssen deutlich eingegrenzt werden, um Mieterinnen und Mieter zu schützen. 

Im Bereich Wirtschaft ist die öffentliche Kritik gegenüber der Ampelkoalition groß. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Das Wirtschaftsmodell, das Deutschland hatte, funktioniert so nicht mehr. Billiges Gas aus Russland, gute Märkte in den USA und in China – das war ein relativ einfaches Erfolgsrezept. Nun haben wir aber weder die günstige Energiezufuhr aus Russland noch haben wir die gleichen Absatzmärkte. 

Das heißt, wir sind in einer viel härteren Konkurrenzsituation, der wir uns stellen müssen. Der Umbau der Wirtschaft ist erforderlich – und das ist mit harten Veränderungen verbunden, bei denen manche Bereiche keine Zukunft haben. Stattdessen müssen wir auf Bereiche mit einer Zukunft setzen. Bei der Energiewende sind wir gut vorangekommen.

Große Potenziale liegen auch in der Veränderung des Verkehrsbereichs. Dass sich deutsche Unternehmen daran erfolgreich beteiligen können, ist entscheidend. Klare Rahmenbedingungen und eine klare Zielrichtung sind erforderlich. 

Außerdem brauchen wir günstigere Energiepreise für viele Unternehmen. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Netzentgelte und die Stromsteuer absenken. 

Das muss sich für das Klima ändern

Und in diesen Bereichen denken Sie auch den Klimaschutz mit? 

Ja, wir müssen uns weiter für den Klimaschutz einsetzen. Bei der Umstellung der Energieversorgung sind wir gut vorangekommen. Das ist ein großer Fortschritt. Jetzt müssen wir weitermachen, zum Beispiel durch den Bau von Wind- und Sonnenstromspeichern. 

Wo wir noch zu weit zurück sind, ist die Umstellung auf klimafreundliche Fortbewegungsarten, also der Verkehrsbereich. Das voranzubringen, ist ganz wichtig. Davon kann auch die deutsche Autoindustrie profitieren. Die Automobilhersteller sagen, es gäbe nichts Schlimmeres, als wenn wir jetzt von der Elektromobilität abkehren. 

Klare Rahmenbedingungen sind das Entscheidende, was die deutsche Wirtschaft braucht.

Was sind Ihres Erachtens nach im Verkehrsbereich wichtige Punkte – über den Individualverkehr hinaus?

Wir müssen dringend Fernverkehrsstrecken ausbauen und in den Nahverkehr investieren.

Wenn wir in Hamburg die U5 bauen wollen, geht das nur mit Bundesmitteln und die müssen wir entsprechend bereitstellen. Das gilt auch für die Sanierung der Fernverkehrsstrecken. Wir müssen die Investitionsmittel umschichten – weniger in den Autobahnausbau, mehr in den Ausbau von Bahnstrecken. 

Mehr Möglichkeiten schaffen, dass Menschen in Deutschland arbeiten können

Was muss in der Migrationspolitik passieren? Und was nicht? 

Ich finde es wichtig, dass sich Deutschland weiter der Verantwortung stellt, Menschen in Not zu helfen. Dafür gibt es zentrale Stellschrauben. Eine ist die europäische Zusammenarbeit. Deswegen ist es so wichtig, dass wir dieses gemeinsame europäische Asylsystem verhandelt haben, und dass wir das jetzt umsetzen.

Die zweite ist, dass wir uns anschauen: In welcher Situation waren die Menschen, die diese fürchterlichen Straftaten begangen haben? Sie waren fast alle in einer Zwischenphase – ohne Perspektive, bleiben zu dürfen, aber auch ohne Perspektive, in ihr Heimatland zurückkehren zu können. Diesen Zwischenzustand müssen wir möglichst aufheben. Bei Menschen, bei denen der Aufenthalt beendet werden kann, müssen wir das auch tun – wir dürfen uns nicht von bürokratischen Hürden hindern lassen. Die andere Seite ist, dass wir Menschen in den Arbeitsmarkt integrieren müssen. Wir suchen viele Fachkräfte. Deswegen müssen wir mehr Möglichkeiten schaffen, dass die Menschen hier arbeiten oder eine Ausbildung machen.  

Ich habe mich zum Beispiel mit dem Bäcker Effenberger unterhalten und der sagt, sie können die Leute super in den Arbeitsprozess integrieren. Durch die Arbeit in der Backstube lernen die Menschen Deutsch und durch die Ausbildung leisten sie etwas an den Stellen, wo wir dringend Arbeitskräfte brauchen. 

Wir sind darauf angewiesen, Arbeitskräfte aus anderen Ländern anzuwerben. Da stehen wir in Konkurrenz mit vielen anderen Ländern. Wenn wir hier eine fremdenfeindliche Stimmung verbreiten, werden die Leute nicht zu uns kommen. Und das werden wir merken – vor allem in einer Gesellschaft, die immer älter wird.

Vertrauen in Politik schaffen

Wenn sich die Grünen an der nächsten Regierung beteiligen, worauf kommt es bei der Koalitionsbildung an?

Es braucht eine vertrauensvolle Grundlage. Dafür gibt es gute Beispiele, zum Beispiel die Regierung in Schleswig-Holstein, die zunächst als Jamaika-Koalition, jetzt als schwarz-grüne Koalition gut zusammenarbeitet und gleichzeitig die AfD kleinhält. Das ist, was Politik leisten muss. Wenn klar ist, was für die Koalitionspartner wichtige Punkte sind und diese von allen Koalitionspartnern mitgetragen werden können, kann erfolgreich regiert werden.

Ich kann nur hoffen, dass sich Koalitionspartner finden, die das verstehen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen Vertrauen in die Politik haben. Für unsere Demokratie ist das überlebenswichtig.

Fragen aus der Leserschaft

Wir haben unsere Leserinnen und Leser gefragt, was sie von Direktkandidaten wissen möchten.

Was wollen Sie gegen die Kita-Krise unternehmen?

Hamburg war im Westen immer das Bundesland, das die beste Kinderbetreuung angeboten hat. Als meine Kinder im Kindergartenalter waren, haben wir davon sehr profitiert. Eine gute Kinderbetreuung ist entscheidend für die Frage, ob man gleichberechtigt in einer Partnerschaft leben kann. Eltern sollten nicht mehr als notwendig in der Kinderbetreuung gebunden sein, um Arbeitskräfte für den Arbeitsmarkt freizusetzen.

Wir müssen in der Kinderbetreuung vernünftige Löhne zahlen und auch auf Arbeitskräfte setzen, die zuwandern. Bei Letzterem können wir mit der Bundesgesetzgebung mit Blick auf Zuwanderung helfen.

Ist der Einfluss von Unternehmen auf die Regierungsarbeit zu groß? 

Wir haben uns dafür eingesetzt, dass es transparent gemacht werden muss, wenn Menschen im Parlament als Lobbyisten unterwegs sind. Auch bestehen jetzt Pflichten, dass es dokumentiert werden muss, wenn bestimmte Ideen auf Lobbyvorschläge zurückgehen.

Ich persönlich bin in meinen Berlin-Wochen so viel beschäftigt, dass ich keine Zeit für Termine mit Lobbyisten habe. Die Möglichkeiten, dass Lobbyisten Abgeordnete beeinflussen, halten sich aus meiner Perspektive also in Grenzen. 

Zwei-Staaten-Lösung für nachhaltigen Frieden

Wie sollte sich Deutschland für einen nachhaltigen Frieden im Nahen Osten einsetzen?

Annalena Baerbock hat sich sehr stark engagiert. Wir sind jetzt aber in einer Situation, die mir große Sorgen macht. 

Ich war im letzten Juni in Israel, wo die Folgen des Hamas-Angriffs noch stark zu spüren waren. Die Regierung von Netanyahu hat offenkundig die ganze Zeit darauf gewartet, dass Donald Trump die Wahl gewinnt, weil sie wusste, dann ein leichteres Spiel zu haben. Trumps Pläne, den Gazastreifen quasi zu säubern, sind völkerrechtswidrig und können nicht akzeptiert werden. Wir werden weiterhin dagegenhalten, weil ein nachhaltiger Frieden nur funktionieren kann, wenn man eine Zwei-Staaten-Lösung im Blick hat. Das geht nicht von heute auf morgen, aber es gibt durchaus Dinge, die in die Richtung gehen würden. Also eine Selbstverwaltung der Palästinenser, die ohne die Hamas auskommt, wäre zum Beispiel ein guter Schritt. Das, was Donald Trump jetzt tut, das hilft nur den Radikalen auf beiden Seiten, und das halte ich für hochgefährlich.

Redaktionelle Mitarbeit: Frieda Stadtlander


Weitere Interviews mit Eimsbütteler Direktkandidaten der demokratischen Parteien findest du hier:

Hinweis der Redaktion: Es gibt Interviews mit den Direktkandidaten von SPD, Grüne, CDU, Linke und FDP. Solltest du ein Interview nicht finden, ist es noch in Bearbeitung und wird zeitnah veröffentlicht.


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