Illegale Straßenrennen in Rotherbaum – jetzt kam es zu einem Unfall
Seit Jahren klagen Anwohner der Grindelallee über gefährliche Straßenrennen im Viertel. Trotz eines Unfalls sieht die Polizei die Situation gelassen.
Von Christiane TauerVon Donnerstag bis Samstag fühlen sich die Anwohner der Grindelallee wie auf dem Nürburgring. „Gegen 19 Uhr geht es los“, berichtet Karsten Wolfgang Kurth. Zahlreiche Autos füllen dann die Straßen, der Großteil mit Kennzeichen aus dem Hamburger Umland.
Ihr Haupt-Anziehungspunkt: die Shisha-Bars der Straße, sagt Kurth. Von dort würden die Straßenrennen beginnen – über Grindelallee, An der Verbindungsbahn, Rentzelstraße und zurück zur Grindelallee. Immer im Kreis herum.
Straßenrennen vermutlich Ursache für Unfall
Dass es am Samstagabend vermutlich in Folge eines dieser Rennen zu einem schweren Verkehrsunfall auf der Rentzelstraße kam, wundert Kurth nicht. Der Fahrer kam dabei zwar mit leichten Verletzungen davon, allerdings richtete er einen Sachschaden in sechsstelliger Höhe an.
Mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde seien die Fahrzeuge regelmäßig im Viertel unterwegs, berichtet Kurth. Von Rücksicht gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern keine Spur. Die Fahrer würden mit ihren Autos gegen die Fahrtrichtung oder auf Busspuren fahren. Und wer sie anspricht, werde bedroht, so seine Beobachtung.
Anwohner klagen seit Jahren über Autoposer
Seit 21 Jahren lebt der Inhaber des Hamburger Seifenkontors an der Grindelallee. „Früher war hier eine richtige Idylle“, sagt er. Doch seit die Autoposer im Viertel unterwegs sind, nehme der Frust in der Nachbarschaft zu. „Wir wollen das nicht mehr hinnehmen.“
Schon vor zwei Jahren haben Kurth und eine andere Anwohnerin die Zustände vor ihrer Haustür beklagt. Damals war der Jungfernstieg, zuvor beliebter Treffpunkt der Autoposer, für den privaten Durchgangsverkehr größtenteils gesperrt worden.
Straßenrennen, quietschende Reifen und dröhnende Motoren
Die Polizei hatte daraufhin von einer Verlagerung der Szene an den Fischmarkt und auf Parkplätze vor Schnellrestaurants berichtet – die Grindelallee war offiziell nicht im Fokus.
Das hatte Kurth schon damals gewundert. Die quietschenden Reifen und dröhnenden Motoren vor seiner Haustür belegten das Gegenteil. „Wir sehen hier bis heute keinerlei Polizeipräsenz, obwohl das Kommissariat gleich in der Sedanstraße liegt“, sagt er.
Unfall mit glimpflichem Ausgang
Es sei nur eine Frage der Zeit sei, bis es einen tödlichen Unfall gebe, hatte Kurth vor zwei Jahren gegenüber den Eimsbütteler Nachrichten gesagt. In Teilen ist diese Befürchtung mit dem Unfall am Samstagabend nun wahr geworden – allerdings mit glimpflichem Ausgang.
Den Unfallhergang beschreibt die Polizei wie folgt: Ein 28-jähriger Autofahrer soll um 23:06 Uhr auf der Rentzelstraße seinen grünen Mercedes derart stark beschleunigt haben, dass er die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor.
Er geriet auf die Gegenfahrbahn, stieß dort mit einem geparkten Auto zusammen und kollidierte danach mit mehreren Verkehrsschildern und Schutzbügeln. Am Ende überschlug sich sein Auto und landete kopfüber auf dem Dach.
Insgesamt wurden sechs weitere Fahrzeuge sowie zahlreiche geparkte Fahrräder durch den Unfall beschädigt. Die Polizei schätzt den Schaden auf eine sechsstellige Summe.
Straßenrennen von Zeugen beobachtet
Der Fahrer kam nach ersten Erkenntnissen mit leichten Verletzungen ins Krankenhaus. Zuvor war er von einem Motorradfahrer aus seinem Fahrzeug gezogen worden. Zeugenaussagen legen nahe, dass dem Unfall ein Straßenrennen vorausgegangen sein könnte. Daran sollen ein weiteres Auto und ein Motorrad beteiligt gewesen sein.
Für Karsten Wolfgang Kurth ist es ein Wunder, dass kein Fußgänger bei dem Unfall zu Schaden kam. „Normalerweise ist dort abends sehr viel los.“ Er fordert die Polizei auf, endlich gegen die Autoposer aktiv zu werden.
Nur vereinzelte Beschwerden bei der Polizei
Dazu erklärt ein Pressesprecher der Polizei auf Nachfrage, dass es in der Vergangenheit im Bereich der Grindelallee nur vereinzelt Beschwerden über sogenannte Autoposer gegeben habe. „Eine aktuelle Beschwerdelage besteht nicht.“
Hauptdurchgangsstraßen würden in dieser Hinsicht immer wieder auffallen, da sie Stadtteile verbinden und von einer hohen Zahl von Fahrzeugen frequentiert werden. Von diesen würden einige durch ihre Lautstärke und zu hohe Geschwindigkeit herausstechen.
Autoposer-Streife in der Grindelallee unterwegs
Der Pressesprecher verweist in diesem Zusammenhang auf die spezielle Dienstgruppe Autoposer. „Im Rahmen der Autoposer-Streife wird auch der Bereich um die Grindelallee immer wieder bedient.“ Damit widerspricht er der Beobachtung von Karsten Wolfgang Kurth, die Polizei sei nicht präsent.
Darüber hinaus seien täglich zivile Funkstreifen – die sogenannten Provida-Fahrzeuge – im Viertel unterwegs, so der Sprecher. „Diese sind mit einer besonderen Videotechnik ausgestattet, die es erlaubt, Raser beweissicher und gerichtsverwertbar zu überführen.“ Zudem gebe es eine Flotte mobiler Geschwindigkeitsüberwachungsanhänger, die belege, dass die Polizei Raser im Blick habe.
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