Rellinger Straße soll autoarm werden – doch nicht alle sind begeistert
Das Projekt „Superbüttel“ schreitet mit dem Umbau der Rellinger Straße voran. In der Nachbarschaft löst das unterschiedliche Reaktionen aus.
Von Christiane TauerAls das Bezirksamt Eimsbüttel im vergangenen Oktober den autofreien Parnass-Platz an der Lappenbergsallee eröffnete, war das der Auftakt für das Projekt Superbüttel. Mehr Platz für nachbarschaftlichen Austausch, Erholung und Grün, weniger Raum für Autos. So die Idee dahinter.
An der Rellinger Straße soll Superbüttel seine Fortsetzung finden – mit einer Durchfahrtsperre für den Kraftfahrzeugverkehr auf Höhe der Grundschule. Doch davon sind nicht alle Anwohner begeistert.
Rellinger Straße soll autoarm werden
Es gibt zwei Lager mit unterschiedlichen Ansichten. Auf der einen Seite die Unterstützerinnen und Unterstützer der Durchfahrtsperre zwischen Grädenerstraße und Spengelweg. Sie freuen sich, dass die Superbüttel-Pläne und das autoarme Quartier zwischen Lappenbergsallee und Kieler Straße Form annehmen.
Die Bezirksversammlung hat den Beschluss bereits Ende 2021 gefasst. Das Projekt ist ein Baustein des übergeordneten Ziels, die CO₂-Emissionen im Verkehr zu senken und Hamburg bis 2045 klimaneutral zu machen.
Durchfahrtsperre: Mehr Sicherheit für Schüler
Auch die Schulwegsicherheit vor der Grundschule spielt eine Rolle. Der Elternbeirat hat seit Längerem auf unterschiedliche Probleme verwiesen, zum Beispiel zu enge Gehwege, keine sicheren Übergänge und Elterntaxis, die direkt vor dem Eingang halten.
Die Durchfahrtsperre soll die Situation entspannen.
Rellinger Straße: Wie stark ist sie befahren?
Auf der Kritiker-Seite finden sich direkte Anwohnende, die die Pläne anfangs zum Teil begrüßten, aber dann die Auswirkungen in neuem Licht sahen.
Sie fragen: Wie kommen Handwerksbetriebe und Müllfahrzeuge zukünftig in das gesperrte Gebiet? Wie sicher wird der Bereich für spielende Kinder sein, wenn Radfahrerinnen dort womöglich in hohem Tempo vorbeifahren? Und ist die Rellinger Straße wirklich so stark befahren, dass eine Durchfahrtsperre nötig ist?
Drei Varianten im Workshop diskutiert
Bei einem Ideen-Workshop in der vergangenen Woche trafen die unterschiedlichen Sichtweisen aufeinander. Unter dem Motto „Vor der Relli soll es schöner werden – Ideen für neue Freiräume“ konnte jeder, der sich für das Vorhaben interessierte, seine Vorschläge einbringen.
Drei Varianten kristallisierten sich in den Workshops für die Neugestaltung des Bereichs vor der Schule heraus. Sie alle sahen als zentrales Element eine Fahrradstraße sowie Sitzmöglichkeiten vor, die den Ort zu einem Treffpunkt für die Nachbarschaft machen.
Tiefgarage oder Parkhaus „unverzichtbar“
Unterschiede gab es nur in den Feinheiten: Während die einen eine verschwenkte Führung des Radwegs ins Spiel brachten, um mehr Bäume zu erhalten, verwiesen die anderen auf Unterflursysteme für die Müllentsorgung, die die Anfahrt der Müllabfuhr überflüssig machen.
Eine Anwohnerin brachte dabei ein, es nicht für sinnvoll zu halten, immer mehr Parkplätze in den Straßen abzubauen, aber den Menschen keine echte Alternative anzubieten. Ein Parkhaus oder eine Tiefgarage sei deshalb unverzichtbar.
Rellinger Straße keine „bekannte Ausweichstrecke“
Für Marcus Reisiger waren ebenfalls die fehlenden Alternativen für Autofahrer einer der Knackpunkte. Er gehört zu den Kritikern des Vorhabens und ist überzeugt: „Eine Tiefgarage wird nie kommen, deshalb finde ich die Umbaupläne schwierig.“
Zudem fragte er sich, auf welcher Grundlage der Bezirk die Rellinger Straße als „bekannte Ausweichstrecke“ für die Kieler Straße mit viel Durchgangsverkehr einstuft. So ist es in der Beschlussvorlage aus 2021 formuliert.
Schnelle E-Bikes als Gefahr für Schüler
Diese Einstufung stimme nicht, so Reisiger. Die Verkehrszählung mehrerer Menschen aus der Nachbarschaft habe weniger als ein Viertel der Autos gezählt, die zuvor angeblich von den Behörden im gleichen Zeitraum gezählt wurden – am 14. Juni 2022 sollen das in der Zeit von 6 bis 9 Uhr offiziell 460 Kraftfahrzeuge und 424 Radfahrer gewesen sein.
Des Weiteren bewertete es Reisiger als kritisch, dass die Rellinger Straße als Fahrradroute ausgewiesen werden soll. Wenn dort schnelle E-Bikes unterwegs seien, sei das für die Schülerinnen und Schüler auch nicht viel sicherer als jetzt. „Eine Spielstraße wäre aus Sicherheitsgründen eigentlich konsequenter“, sagte er. Aber dieser Vorschlag habe kein Gehör gefunden.
Wie kommen Handwerker zu den Häusern?
Eine andere Anwohnerin brachte die Schwierigkeiten bei der Anfahrt als weiteren Kritikpunkt ein. „Wie sollen schwere Waren wie Waschmaschinen oder Handwerker mit schweren Werkzeugen zu den Häusern an der Durchfahrtsperre gelangen?“, fragte sie.
Für solche Fälle werde es Ausnahmegenehmigungen geben, machte ein beim Workshop anwesender Vertreter der Stadt deutlich. Damit konnte er die Kritikerin nicht hundertprozentig überzeugen, denn es wurde klar: Der bürokratische Aufwand wird sich durch den Umbau erhöhen.
Inhalt der Beratung online sichtbar
Marcus Reisiger zeigte sich am Ende des Workshops dennoch versöhnlich. Er habe den Eindruck, dass man die Anwohnenden der Rellinger Straße, die vom Umbau am meisten betroffen seien, mitreden lasse.
Die Inhalte der Beratung werden online veröffentlicht. Der Zeitplan sieht vor, dass die Bauarbeiten noch in diesem Jahr starten könnten.
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