
Mach es wie die Sonnenuhr
Mit einem souveränen 5:0-Sieg über den USC Paloma hat sich der SC Victoria am Freitag auf Platz eins der Oberliga Hamburg geschoben – zumindest in der Heimtabelle. Aber es passte zum Herbstabend auf der Hoheluft, das Positive zu betonen. Das fand sogar Gästetrainer Marco Krausz.
Von Gast„Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heitren Stunden nur!“ – an diesen seit Jahrzehnten bewährten Poesiealbum-Spruch mag sich Marco Krausz, der Trainer des USC Paloma, erinnert haben, als er bei der Pressekonferenz nach dem Spiel seiner Mannschaft beim SC Victoria aufgefordert wurde, das Gesehene zu resümieren. „Drei Verletzte, fünf Gegentore, da braucht man jetzt auch nicht ne sachliche Analyse zu erfragen, weil ich glaube, das hat jeder gesehen, dass der SC Victoria hier in allen Belangen überlegen war. Dann brauch ich das auch gar nicht weiter ausführen, weil Schmerzen hatte ich die letzten 90 Minuten genug“.
Rückblick auf den USC Paloma
Lieber erinnert sich der Coach der Barmbeker wahrscheinlich an das vorherige Aufeinandertreffen seiner Mannschaft mit dem SCV. Im vergangenen Frühjahr, war der seinerzeitige Regionalligist Vicky gegen den zwei Klassen tiefer spielenden USC im Halbfinale des Hamburger Pokals gescheitert. Vielleicht denkt Krausz auch gerne an den folgenden Auftritt seiner Tauben im Finale des Pokals, das aktuelle Auftritt an der Hoheluft stattfand. Hier hatte sich Paloma den Titel gesichert, mit einem Erfolg im Elfmeterschießen über den SC Condor. Dass Paloma seither noch ein weiteres Mal in diesem Stadion gastierte, gehört dann allerdings wieder in die Rubrik „brauche ich gar nicht weiter ausführen“, denn in der ersten Runde des DFB-Pokals war Paloma an der Hoheluft der TSG Hoffenheim mit 0:9 unterlegen.
Bessere Bedingungen im Stadion
So dramatisch klang das Ergebnis diesmal immerhin nicht, und Victoria ist in jeder Hinsicht weit davon entfernt, mit Hoffenheim verglichen zu werden. Aber wenn unsere Geschichte die Perspektive von Marco Krausz verlässt und sich doch noch etwas näher mit den 90 Oberliga-Minuten des 13. Spieltags beschäftigt, dann gab es aus blaugelber Sicht eine ganze Reihe positiver Nachrichten zu vermelden. Das begann schon bei den Rahmenbedingungen. Bei kühlem Herbstwetter waren 319 Zuschauer dem Ruf des Flutlichts am Lokstedter Steindamm gefolgt – nicht überwältigend, aber doch die beste Kulisse der Saison, was den nach Reparatur der Beleuchtungsanlage endlich wieder eingerichteten Freitagstermin, der jahrzehntelang zu Vicky-Heimspielen dazu gehört hatte, für den Rest der Spielzeit etablieren könnte.
Deutliche Verbesserungen beim USC, aber Tor für Vicky
Aber nicht nur die Zuschauerzahl war die beste der Saison, es war auch die seit Langem beste Leistung der Mannschaft von Lutz Göttling und Co-Trainer Jasmin Bajramovic, der den Gegner in der Woche zuvor eigens beobachtet hatte. Zwar hatte es im September auch beim 5:1 über Niendorf einen hohen Erfolg gegeben, aber damals war noch viel Zufall und Stückwerk im Spiel gewesen. Der Sieg gegen Paloma, der fünfte Heimsieg in Folge, stand von der ersten Minute an im Zeichen eines gefühlten Klassenunterschieds. Zwar fielen die drei Tore der ersten Spielhälfte alle nach Standards, wie Krausz nach dem Spiel betonte, um die Fehler seiner Mannschaft anzudeuten, aber auch spielerisch war Paloma den Gastgebern nicht gewachsen. Als Innenverteidiger Alex Tanidis nach einer von Sergej Schulz ausgeführten Ecke in der 18. Minute das 1:0 köpfte, fiel dieser Treffer keineswegs „aus dem Nichts“. Schon zuvor waren die guten Laufbewegungen in der Offensive der gut eingestellten Victorianer aufgefallen.
Paloma hingegen rückte ein ums andere Mal zu weit auf und geriet so gegen ungewöhnlich gut umschaltende Victorianer immer wieder in Unter- oder Gleichzahlkontersituationen. So auch nach einem eigenen Standard, der zu einem blaugelben Gegenangriff führte, nur drei Minuten nach dem ersten Tor. Der schnelle Jan-Ove Edeling trieb den Ball nach vorne, passte dann nach rechts auf Meris Cosovic. Dieser konnte den Ball in die Mitte auf Marius Ebbers legen. Der Routinier bediente links Babis Sidiropoulos, und dieser schloss schließlich mit einem Schuss in die lange Ecke ab. So viele Anspielstationen hat man in den letzten Jahren nicht immer bei SCV-Kontern gesehen, und Paloma war bei diesem Tempo mit der Organisation und Zuordnung der Defensive überfordert.
Der SCV trifft erneut
Entschieden war das Spiel nach dem zweiten Tor gefühlt, nach dem dritten, welches nach einer guten halben Stunde fiel, endgültig. Wieder hatte Schulz eine Ecke von rechts in den Strafraum gebracht. Diesmal kam jedoch kein Victorianer direkt zum Abschluss. Torben Wacker traf aus zehn Metern, von Jerry Sampaney „freigesperrt“, wie SCV-Trainer Göttling hinterher erläuterte.
Wacker spielte in einer, nach dem 0:3 in Pinneberg umgebauten Vicky-Elf, erstmals im defensiven Mittelfeld. Das Ergebnis gibt dieser Maßnahme Recht, aber alles in allem scheinen Wackers Stärken in der Abwehr noch besser zum Tragen zu kommen. Erstmals in einem Pflichtspiel stand Sommerneuzugang Meris Cosovic, aus Meiendorf gekommen, in der Startelf. Er sollte, so Göttling, „vorne als Wandspieler“ fungieren und Bälle ablegen. Er machte einen guten, wenn auch nicht tadellosen Eindruck und sollte eine Perspektive im Kader haben. Links hinten spielte Jerry Sampaney, Innenverteidiger und Rechtsfuß, weil Rinik Carolus nach seinem Platzverweis der Vorwoche gesperrt war.
Platzverweis für Sidiropoulos
Einen Platzverweis gegen den SCV gab es auch diesmal. Babis Sidiropoulos sah nach einer guten Stunde Gelb-Rot nach einem harten Foul an Brückner. Doch danach erzielte Vicky in Unterzahl weitere zwei Treffer, durch Dennis Thiessen, der nach einem direkten Anspiel von Edeling in der 73. Minute frei vor Paloma-Keeper Yannik Jonas das 4:0 markierte, und durch den eingewechselten Vincent Boock, der einen durch eigenes Pressing erkämpften Ball von Thiessen in den Lauf gespielt bekam und ebenfalls frei vor Jonas traf.
Vielleicht auch wegen der faktischen Folgenlosigkeit des Platzverweises (kein Gegentor, und Sperren gibt es im Amateurbereich nach Ampelkarten nicht) wollte Göttling hinterher nichts Negatives zu dieser Szene sagen. Es scheint, dass mit der dunklen Jahreszeit auch an der Hoheluft die sonnigen Zeiten angebrochen sind.
Statistik:
SC Victoria – USC Paloma 5:0
Oberliga, 13. Spieltag
Victoria Hamburg (4-2-3-1):
Tobias GRUBBA – Sergej SCHULZ, Marcus RABENHORST, Alexandros TANIDIS, Jerry SAMPANEY – Torben WACKER, Dennis THIESSEN (81. Gökhan ISCAN) – Jan-Ove EDELING (81. Sebastian BESTER), Marius EBBERS, Babis SIDIROPOULOS – Meris COSOVIC (69. Vincent BOOCK).
USC Paloma (4-4-2):
Yannik JONAS – Andre LOHFELDT (55. Kevin TRAPP), Tore GERSCH, Sven DREWS, Kevin FRANZ – Alexander GRAF (67. Max KRAUSE), Hauke BRÜCKNER, Christoph WEGNER, Denny SCHIEMANN – Timo ADOMAT, Rodrigo LEMOS-LALA (59. Rihards DEPERS).
Gelb-Rot SIDIROPOULOS (64.)
Tore:
1:0 TANIDIS (18., SCHULZ)
2:0 SIDIROPOULOS (21., EBBERS)
3:0 WACKER (33., SAMPANEY)
4:0 THIESSEN (73., EDELING)
5:0 BOOCK (76., THIESSEN)
Zuschauer: 319
Gastautor: Klaus Katzenbach
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