Zu viel Hundekot im Bezirk: Eimsbüttelerin setzt Zeichen
In Eimsbüttel stecken seit einiger Zeit Fähnchen in Hundehaufen. Wo kommen sie her? Und was steckt hinter der Aktion?
Von Julia HaasWer kennt es nicht: Ein unaufmerksamer Schritt und der Schuh versinkt im Hundehaufen. Mitten auf dem Gehweg oder irgendwo im Park, die Tretminen lauern in der ganzen Stadt.
Eine Eimsbüttelerin will das nicht mehr hinnehmen. Sie markiert die tierischen Hinterlassenschaften mit Fähnchen. Ihr Ziel: Spaziergänger vor Fehltritten bewahren. Und Hundebesitzer motivieren, zum Gassibeutel zu greifen. Alles mit einem Augenzwinkern. Ein Spaziergang mit der Kotbullerei.
„Nächste Station: Mülleimer“
Wenn Susanne durch Eimsbüttel läuft, scannt sie den Boden ganz nebenbei. Während sie spricht, wandert ihr Blick beiläufig nach unten: Stock, Wurzel, Kaffeebecher, Stein. In der Unnastraße dann: „Hier.“
Aus ihrer Tasche kramt sie ein Fähnchen. „Nächste Station: Mülleimer“, steht darauf. Susanne steckt den Fahnenmast, so groß wie ein Schaschlikspieß, mittig in den Hundehaufen. Ein Foto mit dem Smartphone, das sie später auf ihrer Instagram-Seite teilen wird, und weiter.
Hundehalter animieren
Die 53-jährige PR-Beraterin steht hinter der Aktion Kotbullerei. Auf dem Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder Sport markiert sie Hundehaufen mit selbstgefertigten Fähnchen. Sprüche wie „Nimm deinen Haufen mit, Digga“ oder „Kann man machen, ist aber kacke“ stehen darauf.
Entstanden ist das Projekt im Frühjahr. Damals fielen Susanne, die seit 25 Jahren in Eimsbüttel lebt, immer mehr Hundehaufen im Bezirk auf. Sie will etwas dagegen tun und entschließt, ihre Botschaft humorvoll zu verpacken. „Ohne dabei furchtbar belehrend zu sein“, sagt sie. Die Fähnchen sollen Hundehalter dazu animieren, den Haufen das nächste Mal mitzunehmen.
Kotbullerei: „Ich bin keine Hundehasserin“
Sie stellt klar: „Das ist keine Hunde-Hasser-Geschichte.“ Im Gegenteil. Hunde gehören zu ihrem Leben, sie hatte selbst mal einen.
Hinter der Kotbullerei stehe nicht der Wunsch, Hunde aus der Stadt zu verbannen. Vielmehr gehe es darum, ihre Halter zu erziehen – mit Humor und konstruktiv.
Kritik aus der Nachbarschaft: Wie nachhaltig ist das?
Am Weiher bleibt die Tasche mit den Fähnchen verschlossen – keine Tretminen zu sehen. In der Lutterothstraße sucht Susanne dagegen nach einem passenden Spruch für ihr neuestes Fundstück. Während sie das Fähnchen in den Haufen rammt, bleibt eine Frau mit Hund stehen, verfolgt die Aktion skeptisch. „Ist das wirklich schlau, überall Plastik zu verteilen?“, fragt sie.
Es ist der größte Kritikpunkte, dem sich Susanne stellen muss: Wie nachhaltig ist die Kotbullerei?
Die Fähnchen sind biologisch abbaubar, sagt Susanne. Kein Plastik, die Stäbchen aus Holz, das Papier recycelt.
Allein das Klebeband, das Fähnchen und Mast zusammenhält, ist ein Manko. Zukünftig soll auch das nachhaltig sein. Der Tipp dafür kam vom „Besonders Laden“ in der Fruchtallee, wo die biologisch abbaubaren Kleber angeboten werden.
Außerdem: Nach Angaben von Susanne sammelt sie die verteilten Fähnchen nach einigen Tagen größtenteils wieder ein und entsorgt sie.
Die Skepsis der Hundebesitzerin weicht einem Lächeln. „Super, dann passt ja alles“, ruft sie im Gehen.
Mit Scham zu sauberen Straßen
Meist seien die Reaktionen auf die Kotbullerei positiv, sagt Susanne. Sie weiß aber, dass nicht alle ihre Ansicht teilen. Manche fragen, warum sie den Haufen nicht einfach entfernt, statt Fähnchen zu verteilen.
„Das mache ich nicht.“ Wenn die Haufen einfach verschwinden, sei das Grundproblem nicht gelöst.
Sie ist sich sicher: Viele wissen, dass es falsch ist, den Haufen liegen zu lassen. Deswegen finde man in der Osterstraße viel weniger Hundekot als in Nebenstraßen. „Wer sich beobachtet fühlt, macht den Haufen weg.“ Dieses Schamgefühl müsse sich überall durchsetzen.
Ziel der „Kotbullerei“: sich selbst abschaffen
Eine letzte Botschaft verteilt Susanne heute an der Schwenckestraße. Wieder bleibt eine Frau mit Hund stehen: „Super Aktion.“ Dann die Frage, ob sie ein paar Fähnchen haben könne – mit expliziter Botschaft, nicht zu nett. „Wir müssen etwas dagegen tun, sonst fällt das auf alle Hundebesitzer zurück“, sagt die Fußgängerin und nimmt die Fähnchen von Susanne entgegen.
Susanne freut sich, wenn sich andere an der Kotbullerei beteiligen. „Kotschafter“, ein Wortspiel aus Kot und Botschafter, nennt sie ihre Unterstützer.
Am Ende steht aber das Ziel, wieder ohne Fähnchen durch Eimsbüttel zu spazieren. Weil alle Hundehaufen zuerst im Gassibeutel und dann im Mülleimer landen.
Wie steht es um kostenlose Gassibeutel in Eimsbüttel?
lokal. unabhängig. unbestechlich.
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