
Wo sind die Boosterimpfungen? Die „geheimen“ Zahlen von Hamburg
Boosterimpfungen in Hamburg tauchen nicht in der Geimpften-Statistik auf. Was die Sozialbehörde anders als das RKI macht.
Von Christian Litz17,8 Prozent aller Hamburger sind geboostert. Diese Zahl steht in einer Statistik des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin. Hingegen nennt die Hamburger Verwaltung die Zahl der Auffrischimpfungen, meist Boosterimpfungen genannt, nicht. Sie meldet nur die täglichen Erstimpfungen und die Zahl der vollständig geimpften Hamburgerinnen und Hamburger.
Auf die Bezirke herunter bricht Hamburg die Impfzahlen und Impfquoten nicht. Es ist also unbekannt, wie viele Bewohnerinnen und Bewohner in Eimsbüttel einmal geimpft, vollständig geimpft oder geboostert sind.
Vollständig geimpft bedeutet nicht mehr viel
Die Zahl der wirklich vollständig Geimpften im Vergleich zu den offiziell vollständig Geimpften dürfte wichtig sein, weil mit Omikron eine neue Variante des Coronavirus aufgetaucht ist, die sich schneller als seine Vorgänger verbreitet.
Die Ständige Impfkommission empfiehlt: „Eine Verkürzung des Impfabstandes auf fünf Monate kann, wenn genügend Kapazitäten vorhanden sind, erwogen werden.“ Und: „Für einen guten Impfschutz ist bei immungesunden Personen aus immunologischer Sicht die Auffrischimpfung frühestens in einem Abstand von etwa 4 Monaten zur abgeschlossenen Grundimmunisierung sinnvoll.“
Hohe Impfkapazitäten aber zu wenig Impfwillige
In Eimsbüttel sind dafür genügend Kapazitäten vorhanden. Es fehlen nur die Impfwilligen. Am Vortag hat der Hamburger Senat mitgeteilt, dass in Eimsbüttel viele Impfmöglichkeiten nicht wahrgenommen werden. In dem Impfzentrum in Eimsbüttel und in den Impfpraxen gibt es mehr Vakzin-Spritzen als nachgefragt werden.
Inzwischen sind, ein Jahr nach dem Start der Impfkampagne in Hamburg, viele Menschen nach Boosterimpfungen nur noch vor schweren Verläufen der Krankheit geschützt. Die Impfkommission: „In der Regel“ solle im Abstand von sechs Monaten die Auffrischimpfung erfolgen. Also sind viele, die statistisch als „vollständig geimpft“ gelten, nicht mehr vollständig geschützt, weil ihre letzte Impfung zu lange her ist.
Hamburger Behörde: Keine Zahlen zu Boosterimpfungen in Statistik
Das sind die am Freitagmorgen vom RKI genannten Impfzahlen: In Hamburg gab es bisher 329.693 Boosterimpfungen, 1.396.240 vollständige Impfungen und 1.440.512 Erstimpfungen. Somit meldet das RKI für Hamburg 3.062.427 Impfungen. Im Vergleich dazu die von der Hamburger Sozialbehörde veröffentlichte Zahl: 2.836.752. Die Zahlen der Behörde hängen denen des RKI immer um einen Tag hinterher.
Die vollständigen Impfungen sind meist Zweitimpfungen. Aber die Zahl enthält auch die Johnson&Johnson-Impfungen. Das Vakzin wird nur einmal gespritzt und benötigt keine Zweitimpfung. Deshalb taucht, wer mit dem Vakzin einmal geimpft wird auch als vollständig geimpft in der Statistik auftaucht: Ein Picks, zwei Zahlen in der Tabelle.
2,3 Prozent der Ü17 in Hamburg sind geboostert
Die Hamburger Impfquote laut RKI: 77,8 Prozent Erstimpfung, 75,4 Prozent vollständige Impfung und 17,8 Prozent Boosterimpfung. Nach Altersgruppen: Von den 12- bis 17-Jährigen sind in Hamburg 2,3 Prozent geboostert. Von den 18- bis 59-Jährigen 15,5 Prozent. Von den über 60-Jährigen 35,9 Prozent.
Die Statistik hat ein großes Problem: Wer vor mehr als sechs Monaten vollständig geimpft wurde und noch keine Auffrischungsimpfung bekommen hat, taucht als geimpft auf, hat aber keinen wirklich vollwertigen Impfschutz mehr, wenn er nicht bereits die Auffrischimpfung bekommen hat.
Statistisch vollständig geimpft – aber eben nur statistisch
Dieses statistische Problem wirkt sich in der Hamburger Statistik stärker aus als in der RKI-Tabelle, obwohl die Hamburger Behörden ihre Zahlen direkt vom RKI übernehmen. Weil Hamburg die Boosterimpfungen nicht verarbeitet, ist der Unterschied zwischen den als vollständig geimpft Gemeldeten und den tatsächlich geschützten Menschen groß.
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