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100 Jahre Loki Schmidt - Lothar Frenz im Interview. Foto: Vanessa Leitschuh
Autor Lothar Frenz mit seinem neuen Buch "Ein Jahr mit Loki". Foto: Vanessa Leitschuh
Interview

100 Jahre Loki Schmidt: Lothar Frenz im Interview

Heute wäre Loki Schmidt 100 Jahre alt geworden – wie der Zufall es will, fällt der Geburtstag der großen Naturschützerin mit dem Tag des Artenschutzes zusammen. Für den Eimsbütteler Autor Lothar Frenz stehen die Artenvielfalt und ihr Erhalt ebenso im Mittelpunkt seiner Arbeit. Wir haben ihn in seinem “auswärtigen Wohnzimmer” im Cafe Strauss getroffen. Ein Gespräch über sein Jahr mit Loki Schmidt und ihr gemeinsames Thema.

Von Vanessa Leitschuh

Der Biologe und Journalist Lothar Frenz lebt seit über 18 Jahren in Eimsbüttel. Auf zahlreichen Reisen und Expeditionen bereiste er die letzten weißen Flecken der Erde und schrieb in zahlreichen Büchern über den Artenschutz. Sein Buch „Lonesome George“ wurde als Umweltbuch des Jahres 2013 ausgezeichnet.

Gemeinsam mit Loki Schmidt schrieb er das „Naturbuch für Neugierige“, nun veröffentlichte er ein persönliches Portrait über Loki Schmidt, „Ein Jahr mit Loki“ erschien im Februar. Wir haben ihn zum Gespräch getroffen.

Eimsbütteler Nachrichten: Du hast in dem Jahr sehr viel Persönliches über Loki Schmidt erfahren. Wann wusstest du, dass du ein Buch über sie schreiben willst?

Lothar Frenz: Im Prinzip ist es ja schon das zweite. Die Idee zu diesem Buch, “Ein Jahr mit Loki”, ist noch kein Jahr alt. Es gibt Hörbeispiele von unseren Gesprächsausschnitten zum ersten Buch. Die eigentliche Idee war, mit der Loki-Schmidt-Stiftung zu Lokis Hundertsten mit diesen Hörbeispielen noch etwas zu machen. Das habe ich meinem Verleger erzählt und er fragte dann: “Herr Frenz, ist da nicht noch ein kleines Buch drin?” Ich war erstmal erschrocken, weil mir erstens klar war, wie wenig Zeit das ist und außerdem, dass ich dieses Buch wenn dann nur sehr persönlich schreiben kann. Ich musste erst überlegen, ob ich das will und wie ich es machen würde. Schließlich kam ich auf die Idee, keine Biografie zu schreiben, sondern unter diesen Oberbegriffen auf sie zu schauen, die ich mit ihr erlebt habe. Daraus ist dieses Buch entstanden.

Deine bisherigen Bücher haben die Natur und den Artenschutz zum Schwerpunkt – Was war an dem Portrait über Loki Schmidt anders?

Zwar war das einer unserer großen Berührungspunkte, aber es ist natürlich anders, ein Buch über einen Menschen zu schreiben – erst recht über einen Menschen, den man so gern mochte. Und das geht nur, wenn man auch etwas über sich selbst erzählt. Das finde ich aufregend, weil es so persönlich ist, es hat aber auch etwas Unsicheres. Obwohl ich weiß, dass es keinen Grund gibt, darüber unsicher zu sein, aber es hat etwas Aufregendes, weil es mein persönlichstes Buch bislang ist.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Loki?

Das war wirklich ein großer Zufall. Mein damaliger Lektor und ich waren dabei über ein anderes Buch zu nachzudenken, als er später nochmal anrief und fragte, “Haben Sie nicht Lust, ein Buch mit Loki Schmidt zu schreiben?” Weil er mit ihr schon vor zehn bis fünfzehn Jahren ein Buch über Botanische Gärten gemacht hatte. Und es war klar, Loki war schon über neunzig, dass es ein Buch werden sollte, dass in die Natur einführt und das kann sie nicht mehr alleine – also hat er mich als Biologen in Hamburg gefragt und so wie Loki dann später sagte, hat es gleich zwischen uns gefunkt.

Loki Schmidt Portrait: "Ein Jahr mit Loki" von Lothar Frenz. Foto: Vanessa Leitschuh

Ein Jahr mit Loki Schmidt

Botanikerin, Naturschützerin, Lehrerin: Loki Schmidt war mehr als nur die Gattin des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt. Mit dem Buch "Ein Jahr mit Loki" hat der Eimsbütteler Autor Lothar Frenz ein persönliches Portrait über sie geschrieben.

Was hat dich und Loki verbunden?

Das Thema war die Grundlage, aber ich glaube man spürt ja, dass da noch eine andere Chemie ist. Wir haben sehr, sehr unterschiedliche Lebensgeschichten: Sie kommt aus bitterarmen Verhältnissen, ich komme aus einer Ärzte- und Apothekerfamilie. Zum einen hatte es etwas mit der Naturliebe zu tun, aber wir haben auch so eine gewisse Grundalbernheit. Albernheit heißt jetzt nicht nur etwas Kindisches, ich glaube im Albernsein liegt auch etwas ganz Ernstes. Um richtig albern zu sein, muss man die Sachen konsequent zu Ende denken und es sich trauen, das zu sagen – eben weil es albern klingt. Das ist einerseits sehr lustig, andererseits hilft es natürlich oft über schwierige Situationen hinweg. Ich glaube das ist etwas, das uns stark verbunden hat, damit ist ein Humor verbunden. Und ich glaube auch die Neugier hat uns verbunden.

Was war die überraschendste Entdeckung, die ihr während eurer Gedankenexpeditionen gemacht habt?

Das klingt jetzt ganz banal, aber da war etwas, das hat sie sehr beeindruckt und mich auch. Ich habe immer mal wieder Sachen mitgebracht, die ich gefunden hatte. So habe ich im Herbst einmal einen Eichenzweig mit Eicheln mitgebracht. Wir haben oft Dinge ausprobiert, Sachen gesagt, die uns gerade eingefallen sind. Dabei habe ich die Frage gestellt “Welches Laub raschelt eigentlich am lautesten?” Wir fingen an, rumzuspinnen und kamen schließlich zu dem Ergebnis: Das Eichenlaub raschelt am lautesten.
Das hat uns überrascht, dass wir das beide vor Jahren einmal draußen wahrgenommen haben, uns aber nie bewusst gemacht haben. Und jetzt saßen wir am Tisch und machten diese Entdeckung zu Hause. Das war wirklich ein besonderer Augenblick.

Ich spiele den Gesprächsausschnitt manchmal am Ende einer Lesungen vor und der bleibt bei vielen hängen. Hier in Eimsbüttel kamen schon einige, die einmal bei einer Lesung bei Lüders waren, später auf der Straße auf mich zu und meinten, “Wir gehen jetzt anders durch den Wald”. Das ist etwas typisch ‘Lokieskes’, also auf diese kleinen Sachen zu achten – was ich ‘Abenteuer im Alltag’ nenne.

Loki Schmidt setzte sich für den Naturschutz ein. Die Hamburger Loki-Schmidt-Stiftung engagiert sich in ihrem Namen seit 40 Jahren für Artenschutzprojekte, die Sicherung von Lebensräumen und Umweltbildung. Foto: Vanessa Leitschuh
Loki Schmidt setzte sich für den Naturschutz ein. Die Hamburger Loki-Schmidt-Stiftung engagiert sich in ihrem Namen seit 40 Jahren für Artenschutzprojekte, die Sicherung von Lebensräumen und Umweltbildung. Foto: Vanessa Leitschuh

Wie Zuhörer anders durch den Wald gehen, schreibst du, dass du durch Loki anders durch Hamburg gehst. In dem Buch lernt man nicht nur viel über Loki, sondern auch über ihre Heimatstadt Hamburg. Was war für dich die beeindruckendste Hamburg-Geschichte von ihr?

Was ich beeindruckend fand – das hat sie eigentlich nur einmal nebenbei erzählt, wie so vieles -, das ist die Geschichte zum Barlach-Denkmal mitten in der Stadt. Es war mir nicht klar, was das Denkmal eigentlich mit der deutschen Geschichte, mit dem Nazitum und der Barbarei zu tun hat. Dass in diesem Denkmal auch schon die Verrohung der Sitten, die Verrohung der Sprache steckt und dass es heute eigentlich wieder ein ganz aktuelles Ding ist. Eben das habe ich versucht im Buch auszuführen. Man geht an diesem Ding häufig vorbei. Das war eine Entdeckung, bei der ich merkte, die bedeutet heute noch was.

Wie war es als das Buch veröffentlicht wurde, wie weit hat Loki das noch mitbekommen?

Sie hat es noch mitgekriegt, aber ich weiß darüber nichts aus erster Hand. Ich hatte es bekommen und sie dann gleich angerufen, weil ich am nächsten Tag in den Urlaub wollte. Da hatte sie es noch nicht. Daraufhin haben wir uns auf einen Whisky verabredet, nach meinem Urlaub. Auf dem Rückweg las ich, dass sie gestürzt war. Vier Wochen später ist sie dann gestorben. Das heißt sie hat das Buch noch gehabt, sie hat es bestimmt schön gefunden, davon gehe ich aus. Das war schwierig für mich.

Jetzt wäre bald Lokis 100. Geburtstag gewesen. Wie ist es für dich, dass sie jetzt wieder präsenter ist?

Loki ist total präsent in meinem Leben, was ich immer wieder ungewöhnlich finde. Natürlich ist es durch die Beschäftigung mit ihr im letzten Jahr nochmal stärker, aber eigentlich ist sie die ganze Zeit erstaunlich gegenwärtig. Und ich glaube, es hängt damit zusammen – also wahrscheinlich mit verschiedenen Sachen, aber einer ist der, dass ich meinen Blick erweitert habe. Dieses Eichen-Rascheln ist ein Beispiel.

Wenn du Loki heute noch eine Frage stellen könntest: Was würdest du sie fragen?

Ich habe keine konkrete Frage, aber wenn ich an dieses Jahr zurückdenke, würde ich gerne noch etwas machen. Ich schreibe im Buch, dass sie mich an ihrem Geburtstag angerufen hat, woraufhin ich sie später auch an meinem Geburtstag angerufen habe. Sie ist sofort darauf angesprungen und wollte wissen, was ich mache. Ich hatte Gäste eingeladen und sie sagte, sie wäre so gerne dabei. Da war es schon gegen sechs Uhr, bald kamen die Gäste und eine 91-jährige Frau kann nicht mal eben schnell von Langenhorn nach Eimsbüttel in den ersten Stock kommen, das muss organisiert sein. Das wäre keine Frage, aber auf diesen Geburtstag hätte ich sie gerne eingeladen. Ich glaube, sie wäre total gerne gekommen.

War sie denn einmal bei dir in Eimsbüttel zu Besuch?

Nein. Das ist das Verrückte, wir haben uns immer nur in Langenhorn getroffen. Ich kenne sie nur aus dem Haus und fast immer nur zu zweit. Mal ist ihr Mann durchgelaufen, mal war die Haushälterin da oder ich war mit meinem Lektor dort, aber ansonsten kannte ich sie nur ganz intim zu zweit. Und dadurch ist auch ganz schnell dieses vertraute Verhältnis entstanden.

Neben den Gedankenexpeditionen mit Loki warst du auch auf vielen Reisen und Expeditionen in der Welt. Was war die spannendste Reise für dich?

Insgesamt meine Amazonien-Aufenthalte. Wir waren drei Monate in einem Gebiet unterwegs, in dem vorher noch niemand war. Dort wurden lauter neue Tierarten gefunden und wir haben das größte Schwein Südamerikas entdeckt: das Riesenpekari. Das war wie bei Entdeckern noch vor hundert Jahren. In dem Gebiet war damals kein Quadratmeter geschützt, das war einfach ganz aus sich heraus da. Alle paar dutzend Kilometer lebten mal ein paar Flusssiedler, Nachfahren von Kautschukzapfern, die dort ganz einfach wohnten und mit denen haben wir dann teilweise zusammengearbeitet.

Wie habt ihr das Riesenpekari entdeckt?

Wir haben einen Hochsitz an einer Suhle gebaut und sie gefilmt. Ich saß dort ein paar Tage mit einem Kameramann und habe gewartet – zum Glück kamen sie auch. Wir hatten vorher schon eines gefilmt, das die Flusssiedler für sich erlegt hatten. Wir wussten also, dass es sie gibt, aber wir wollten sie einfach filmen. So etwas gibt es heute einfach nicht mehr so oft.

Und das ist auch wieder eine Parallele zu Loki: Sie hat auch Arten entdeckt, sowohl eine Pflanzenart als auch einen kleinen Skorpion in Amazonien, der nach ihr benannt wurde.

Woran arbeitest du jetzt gerade?

An einem neuen Buch, das wieder mit Naturschutz-Dingen zu tun hat. Ich habe schon eines über das Entdecken von Arten und über das Aussterben von Arten geschrieben, das nächste hat den Schwerpunkt ‘überleben oder retten’. Es wird also eine Trilogie.

Vielen Dank für das Interview.

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